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Das Foto zeigt Hafiza Qasimi beim Malen des Wandbildes.

Schulprojekt "nature morte"

Stillleben waren immer Zeugnisse der Zeit, in der sie entstanden. Mit einer geheimnisvollen Bildsprache, mit Allegorien und Symbolen kodierten sie philosophische und religiöse Botschaften in einer Welt, in der Bilder deutlich mehr Bedeutung hatten als heute. Die Symbolik im Stillleben seit der Renaissance waren auf die "ewigen" Themen des menschlichen Daseins bezogen.

 

Ein zeitgenössisches Redo eröffnet den Schüler:innen des Workshops den Raum und die Ausdrucksmöglichkeiten, um sich mit den Codes des Genres Stillleben mit ihrem Heute auseinanderzusetzen:


Die Schüler:innen nutzen das Obst und Gemüse, um persönliche Überzeugungen, Werte oder Botschaften durch ihre Beschriftungen zu vermitteln. Organische Materialien als Schreibfläche und die Gegenüberstellung von Botschaften auf den natürlichen Objekten führt zu einer kulturellen Reflexion: denn die eigenen Botschaften der Schüler:innen spiegeln die zeitgenössischen kulturellen, politischen oder gesellschaftlichen Themen unserer Zeit wider. Der interaktive Charakter des Projekts befördert über das Medium Stillleben eine dynamische Auseinandersetzung mit dem Heute. Im Zeitalter unserer digitalen Kommunikation stellt der Akt des physischen Einschreibens von Botschaften auf organische Objekte einen Kommentar zur Überschneidung von Natur und Technologie einerseits und tradierter Semiotik andererseits dar und zwingt zur Erfahrung über die Art und Weise, wie wir mit der Welt um uns herum interagieren.

Text der Künstlerin Esra Ersen 

Die Schülerinnen und Schüler des EF Kunst Kurs des Geschwister-Scholl-Gymnasiums

Am Ende des Schulhalbjahres, im Januar 2024, begann schließlich unser endgültiges Projekt, nach einem längeren Vorlauf und Kennenlernen, mit der Künstlerin Esra Ersen. Das konkrete Thema des Projektes blieb bis zum Schluss offen, wurde dann aber durch die Künstlerin aufgelöst. Nach einer Einführung in die Entwicklung der Stilllebenmalerei und die symbolische Bedeutung von Gegenständen als Zeichen für Vergänglichkeit sollten auch wir dieses Genre für unsere Botschaften nutzen. Wir bekamen unglaublich viele verschiedene Früchte, Obst und Gemüse, auf die wir dann unsere Nachrichten für die globale Welt verfassen sollten. Das heißt, das Projekt war als Protest gegen all die schlimmen und grausamen Taten in der Welt gedacht. Statt Diskriminierung und Vorurteile, sollten Akzeptanz und Toleranz transportiert werden. So haben wir am Ende wirklich jedes Obst und Gemüse beschriften können. Dabei haben wir auch auf Schriften, die Anordnung der Aussagen sowie Farbe und Kontraste geachtet.

Von einigen von uns gab es aber auch Bedenken gegenüber dem Projekt, da niemand Obst und Gemüse, d. h.  Nahrungsmittel ,,unnötig‘‘ verschwenden wollte. Jedoch stellte sich am Ende heraus, dass die einzelnen Früchte, das Obst und das Gemüse künstlerisch „genutzt“ wurden, sie weiterverwendet wurden ohne sie zu „verschwenden“.

Während des „künstlerischen“ Prozesses hatten wir viel Kontakt mit Esra Ersen und sie hat uns natürlich viel an kreativer Hilfestellung gegeben. So konnten wir viele verschiedene „Nachrichten an die Welt“ verfassen, der Transport per Obst oder Gemüse vermittelte noch einen ganz besonders intensiven Eindruck. Durch die Verbindung zu den opulenten Vanitasstillleben des Barockzeitalters erhielt unser Früchtearrangement eine sinnbildhafte Aussage mit aktuellen Statements an die Zeit.

Für die Anordnung des Obstes und des Gemüses mit den globalen Botschaften musste dann noch eine besondere Form gefunden werden, ebenso wie die Auswahl der Schriftarten, Anordnung und Farbe, um insgesamt einen intensiven und ansprechenden Eindruck zu entwickeln. Während der zwei praktischen Projekttage wurden wir und der künstlerische Prozess zudem durch die Kunstvermittler*innen des LWL-Museums und einen professionellen Fotografen begleitet. Unsere beschrifteten Früchte und Gemüse wurden letztendlich von Esra Ersen zu einem gemeinsamen Stillleben arrangiert und fotografisch festgehalten. Das beste Foto soll nun als Postkarte unsere Botschaften in die Welt transportieren und verbreiten.

Offensichtlich waren das Ergebnis und unsere Arbeit so überzeugend, dass er auch der Lokalzeitung, den Westfälischen Nachrichten, einen ausführlichen Bericht wert war.

Rückblickend kann man feststellen, dass das Projekt bei den Schülerinnen und Schülern unseres Kurses gut ankam. Es hat uns allen gut gefallen, nicht nur weil es gegenüber dem „normalen“ Kunstunterricht anders organisiert war, sondern auch weil es inhaltlich und methodisch besonders herausstach. Wir haben nicht nur die Kunst von Esra Ersen kennen- und verstehen gelernt, sondern konnten selbst aktiv und kreativ unsere Sicht auf die aktuellen Zeitgeschehnisse, Hoffnungen und Ängste zum Ausdruck bringen.

Das Projekt war ganz offensichtlich nicht nur für uns, sondern auch für Esra Ersen etwas Besonderes und es hat uns Spaß gemacht, mit ihr zu arbeiten.

Herzlichen Dank an alle, die uns diese Erfahrung ermöglicht haben.

Elina Qaqus und Christopher Potz 

für den EF Kunst Kurs des Geschwister-Scholl-Gymnasiums