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08.04.22 | Kultur Keine Hinweise auf NS-Raubkunst

LWL-Museum für Kunst und Kultur klärt Herkunftsgeschichte eines Gemäldes

Bei dem Gemälde "Knabe in der Vorratskammer", 1640, von Frans Snyders handelt es sich nicht um NS-Raubkunst.<br>Foto: LWL / Hanna Neander

Bei dem Gemälde "Knabe in der Vorratskammer", 1640, von Frans Snyders handelt es sich nicht um NS-Raubkunst.
Foto: LWL / Hanna Neander
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Münster (lwl). Eine umfangreiche Untersuchung der Herkunft des Gemäldes "Knabe in der Vorratskammer" des niederländischen Malers Frans Snyders bringt neue Erkenntnisse im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster. Der Verdacht, dass das Werk von 1640 in der Zeit von 1933 bis 1945 jüdischen Besitzer:innen durch das nationalsozialistische Regime unrechtmäßig entzogen wurde, konnte "mit großer Wahrscheinlichkeit" ausgeräumt werden. Das großformatige Stillleben ist eines der bedeutendsten Werke der Sammlung im Kunstmuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und ein Beispiel für die Stilllebenmalerei der Niederlande im 17. Jahrhundert.

Seit 1959 befindet sich das Werk als Dauerleihgabe aus Privatbesitz im LWL-Museum für Kunst und Kultur. Der Verdacht, dass es sich um NS-Raubkunst handeln könnte, basierte in erster Linie auf der undurchsichtigen Vorgeschichte des Gemäldes. 1936 tauchte es im Auktionshaus Rudolph Lepke in Berlin auf. Der Inhaber des Auktionshauses, Hans Carl Krüger, war nachweislich in den Handel mit entzogenem Kulturgut aufgrund der Verfolgung ihrer Besitzer:innen durch die Nazis involviert. Lediglich ein Hinweis von der späteren Eigentümerin des Stilllebens deutete auf englischen Vorbesitz.

Vier Monate lang recherchierte die Provenienzforscherin Dr. Katja Terlau zur Herkunft und dem Verbleib des Stilllebens, ermöglicht durch eine Förderung vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste. Ihre umfangreichen Untersuchungen haben die Lücken geschlossen und die Vorgeschichte des Werkes aufgeklärt: Höchstwahrscheinlich stammt das Werk aus der Kunstsammlung älterer Gemälde des deutschen Diplomaten Wilhelm August Freiherr von Stumm in Berlin. Er arbeitete für das Auswärtige Amt und war von 1906 bis 1908 in der Botschaft in London tätig, wo das Stillleben in der Galerie Dowdeswell & Dowdeswell Ltd. zum Verkauf stand.

Der bekannte Museumsfachmann Wilhelm von Bode beriet von Stumm bei dem Aufbau seiner Sammlung. Die Männer tauschten sich nachweislich über das Gemälde von Snyders aus. Von Stumm verstarb 1935, und so gelangte das Stillleben wohl 1936 über den Händler Hans Carl Krüger in den Besitz des Kunsthändlers Kurt Rohde und später an dessen Nachfahren.

Eline van Dijk, Provenienzforscherin am LWL-Museum für Kunst und Kultur: "Wir sind sehr erleichtert, dass es keinen einzigen Hinweis auf einen Entzug aus ehemals jüdischem Besitz unter dem nationalsozialistischen Regime gibt und wir die Herkunft des Gemäldes somit als unbedenklich einstufen können." Seit 2018 bemüht sich das LWL-Museum für Kunst und Kultur um die Erforschung der Provenienz der Werke in seinen Sammlungen. Die Ergebnisse zu den untersuchten Objekten sind sowohl in der Dauerausstellung als auch in der Sammlung Online im Internet nachzulesen. Aufgrund der umfangreichen Recherchearbeiten engagierte das Museum für die Untersuchung des Stilllebens von Snyders die freiberufliche Provenienzforscherin Terlau.

Pressekontakt

Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Nora Staege, Telefon 0251 5907-311, presse.museumkunstkultur@lwl.org

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Tel.: 0251 5907-210
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48143 Münster Karte und Routenplaner

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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.

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